Interview: „Keine Hardware? Das ist eine Legende.“

Cloud-basierte Praxis-IT-Systeme sind im Kommen. Was macht sie interessant? Stefan Spieren, der seine Praxis frühzeitig digitalisiert hat, sich seit Jahren bei zahlreichen IT-Projekten engagiert und langjähriger Cloud-Fan ist, verrät es.

Herr Spieren, seit wann arbeiten Sie in Ihrer Praxis mit Cloud-basierten IT-Systemen?

Seit über zehn Jahren, damals haben wir angefangen mit Cloud-Telefonie, und das dann rasch erweitert. „Cloud“ heißt in unserem Fall, dass die IT nicht in der Praxis, sondern in einem Rechenzentrum gehostet wird. Das war vor zehn Jahren noch eher ungewöhnlich. Mittlerweile machen das immer mehr Praxen, aus gutem Grund.

Was spricht für eine Cloud-Praxissoftware?
Wir machen das aus mehreren Gründen. Der wichtigste: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen flexibel arbeiten, innerhalb der Praxis, aber auch mal von zu Hause aus. Das geht mit einer Cloud-Praxissoftware einfach viel besser als ohne. Wir möchten, dass die Arbeit bei uns Spaß macht, und legen großen Wert auf Flexibilität. Da ist es dann auch okay, wenn es in Summe ein bisschen mehr kostet. 

„Wir möchten, dass die Arbeit bei uns Spaß macht.“

Welche weiteren Vorteile haben Sie durch den Cloud-Betrieb?
Ein großer Vorteil: Das System ist sehr stabil. Wir hatten in zehn Jahren zusammengenommen weniger als 24 Stunden Systemausfall. Und das ist eine Praxis auf dem Land, nicht in der Großstadt. Wenn mal was ist, müssen keine Techniker in die Praxis kommen, das ist auch angenehm. Um Daten-Back-up und Updates müssen wir uns vor Ort gar nicht kümmern. Und wenn wir mal mehr Leistung brauchen, wie etwa während der Pandemie, dann können wir das nach Rücksprache mit dem Rechenzentrum entsprechend skalieren.

Haben Sie wirklich keine Hardware mehr in der Praxis?
Das ist leider auch eine Legende. Zumindest in einer Hausarztpraxis wie unserer geht es ohne Hardware vor Ort nicht. Aber es ist jedenfalls viel weniger. Der große Server für die Praxis-IT steht im Rechenzentrum, nicht bei uns. Dann das ganze Thema TI: Wir haben keinerlei Konnektor-Boxen vor Ort. Tatsächlich arbeiten wir seit Kurzem mit einem Highspeed-Konnektor, was die TI-Anwendungen enorm beschleunigt.

Aber?
Das Aber sind die medizinischen Geräte. Zu glauben, dass man alle Endgeräte einfach an eine Cloud-Praxissoftware andocken könnte, ist ein Irrglaube. Das betrifft EKG-Geräte, aber auch viele andere. Wir kriegen das alles irgendwie angeschlossen, aber da holen wir uns dann schon mal Hilfe. Wer mit Medizingeräten arbeitet, braucht weiterhin gewisse Funktionen auch vor Ort in der Praxis selbst. Aber das ändert überhaupt nichts an den grundsätzlichen Vorteilen einer Cloud-Praxissoftware.